Die Containerschifffahrt

Wie so viele Erfindungen ist auch der Container als Behälter für Stückgutfracht ein Kind des Krieges. Die amerikanische Armee begann nämlich im 2. Weltkrieg damit, ihren Nachschub in genormten Kisten zu verschiffen. Ab 1950 wurde der Container in seiner heutigen Form entwickelt, aber er spielte damals noch eine eher bescheidene Rolle. Seither hat er jedoch den weltweiten Warentransport und damit auch die Schifffahrt revolutioniert.

Davor war das Frachtschiff für Stückgut noch der Standard. In den Bäuchen der Schiffe wurden die Güter auf Paletten, in Kisten oder Säcken verladen. Das Entladen von 10.000 Tonnen Fracht dauerte daher 8 bis 10 Tage. Heute genügen bei der Containerfracht für die gleiche Menge 24 Stunden. Außer Massengütern wie Erdöl und Eisenerz landet alles in den 12 bis 15 Mio Containern, die derzeit im Umlauf sind. Wieviele es genau sind, weiß keiner zu sagen.

Das weltweite Transportvolumen belief sich 2004 auf rd. 70 Mio Standardcontainer. Sie ergeben aneinander gereiht eine Strecke von der Erde bis zum Mond. Aber der Containerverkehr ist damit noch nicht am Ende seiner Möglichkeiten, d. h. er wird auch weiterhin zunehmen. Bis 2008 soll das weltweite Tansportvolumen um 20 Mio TEU auf dann 91 Mio TEU anwachsen (d. h. um 28,2 % insgesamt oder rd. 7 % pro Jahr).

Als TEU werden Standardcontainer (= Twenty-Foot-Equivalent-Unit) von 6,1 m Länge, 2,4 m Breite und 2,6 m Höhe bezeichnet. Sie bestehen aus 2,25 Tonnen Stahl, kosten 2.400 US-Dollar das Stück und sollen 10 bis 15 Jahre einsatzfähig sein. Dabei müssen sie eine Ladung von 28 Tonnen aufnehmen können und übereinander gestapelt eine Drucklast von bis zu 192 Tonnen aushalten.

Die größten Containerhäfen der Welt waren, gemessen an ihrem Umschlag in Mio Containern im Jahre 2004

Ihr Wachstum
in den Jahren
2002 – 2004 in %

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21.

Honkong
Singapur
Shanghai / China
Shenzhen / China
Pusan / Südkorea
Koahsiung / Taiwan
Rotterdam / Niederlande
Los Angeles / USA
Hamburg
Dubai / Verein.arab. Emir
Antwerpen / Belgien
Long Beach / USA
Port Kelang /Malaysia
Qingdao / China
New York / USA
Tanjung Pelepas / Malaysia
Ningbo / China
Tianjin / China
Laem Chabang / Thailand
Tokio / Japan
Bremen/Bremerhaven
Wilhelmshaven (geplant)

22,2
21,3
14,6
13,6
11,2
9,7
8,1
7,3
7,0
6,4
6,1
5,8
5,2
5,1
4,5
4,0
4,0
3,8
3,6
3,6
3,5
2,7

7,8
12,3
30,0!
33,8!
9,0
7,0
11,8
9,8
14,1
23,9
12,7
13,6
7,6
24,3
9,5
23,3
49,3!!
30,0
14,0
11,6
7,0

Im Hamburger Hafen kommen heute mehr als 96 % des Stückgutes in Standardcontainern an. Im Jahre 2004 waren es 7 Mio davon, das sind doppelt soviele wie 1997. Bis 2015 soll die Kapazität mit 18 Mio noch einmal mehr als verdoppelt werden. Dafür muss Hamburg die Elbe bis 2009 für 320 Mio EUR ausbaggern, so dass Schiffe mit einem Tiefgang von 14,60 m wenigstens einige Stunden am Tag mit der auflaufenden Tide (= Flutwelle) bis in den Hamburger Hafen fahren können.

Das Hafengebiet umfasst ein Zehntel der Fläche Hamburgs. Im Jahre 2004 liefen 11.500 Seeschiffe den Hamburger Hafen an, von dem etwa 145.000 Arbeitsplätze abhängen und der rd. 600 Mio EUR Steuereinnahmen erwirtschaftet.


Die Containerschiffe

Im Verlauf dieser Entwicklung hat sich auch – besonders in den letzten Jahren – die Größe der Containerschiffe stark erhöht. Ihre erste Generation beförderte 1968 gerade 750 Container je Schiff, heute sind es fast 10.000. Die Ladefähigkeit eines Containerschiffs wird ebenfalls in TEU angegeben; das ist die Anzahl der Stellplätze für diese Standardcontainer.

Das größte Containerschiff mit einer Tragfähigkeit von 8.750 TEU war im Mai 2005 die „Colombo Express“ der deutschen Reederei Hapag-Lloyd, die im April 2005 in Singapur getauft wurde. Doch noch im Laufe des Juli 2005 wird dieser Rekord von 9.200-TEU-Schiffen der Hamburger Reederei Offen überboten werden. Weltweit sind z. Zt. 55 Schiffe mit mehr als 7.500 TEU in Fahrt, für weitere 168 sind schon Aufträge erteilt worden. Rentabilitäts- und Umweltaspekte sprechen für noch größere Schiffe. Inzwischen kostet der Transport einer 1-Kilo-Dose Konserven bei einer vollen Containerladung von Asien nach Deutschland nämlich nur noch 5 Cent Seefracht. Und so wird es wohl nicht lange dauern bis wir von 12.000-TEU-Riesen hören werden. 


Die Abmessungen der „Colombo Express“ lauten:

Ladefähigkeit
Länge
Breite
lichte Höhe
Tiefgang

104.400 Tonnen
335m (das entspricht 3 Fußballfeldern)
43m
60,5m
14,6m (bei voller Ladung)


Das Schiff kann maximal 8.750 TEU-Container befördern, das entspräche einer Länge von 53 km, wenn diese hintereinander aufgereiht wären. Die Maschine leistet 68.640 kW = 93.500 PS (d. h. 1,3622 PS/kW) aus 12 Zylindern = 5.720 kW oder 7.800 PS je Zylinder. Die Geschwindigkeit des Schiffes beträgt 25 Kn = 46 km/h Das neue Schiff kommt auf der „Rennstrecke“ Europa – Fernost zum Einsatz und lief am 28.04.2005 zum ersten Mal in den Hamburger Hafen ein.


Die Reederei Maersk soll schon Ende der 90er Jahre mit den Schiffen seiner S-Klasse wie der „Maersk Sovereign“ die 8.000-Grenze überschritten haben, will das aber nicht bestätigen. Im August 2004 wurde von Plänen für ein 11.000-TEU-Schiff (offiziell 9.000 TEU) mit einer Länge von 360 m und einer Breite von 42,3 m berichtet. Die 14-Zylinder-Maschine in Lizenz von MAN B&W soll 80.080 kW (= 109.083 PS) d. h. 5.720 kW/Zyl. (= 7.792 PS/Zyl.) leisten und dem Schiff eine Geschwindigkeit von 26 Kn = 48 km/h verleihen.

Ein Ende dieser Superlative ist nicht in Sicht. Die Größe wird heute vor allem noch durch die Motoren begrenzt.

Die Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd ist als „TÜV“ für die technische Überwachung von knapp 5.500 Schiffe zuständig und hat einen Weltmarktanteil von 45,6 % für die Berechnung der technischen Daten für Neubauten von Containerschiffen. Der GL hat bereits Festigkeits- und Verformungsuntersuchungen für 12.000 TEU-Schiffe durchgeführt.

Es gibt aber auch Gründe, die gegen den Bau
noch größerer Schiffe sprechen:

  • Es gibt z. Zt. für Schiffe noch keine Einzelmotoren, die bei 12 Zylindern eine Leistung von mehr als 94.000 PS erbringen können. Es werden jedoch schon Motoren mit mehr als 12 Zylindern projektiert, die Schiffe bis zu 10.000 TEU mit einer Wellenanlage antreiben können. Es wird aber auch an Doppelmotorenanlagen gedacht, die zwar weniger wirtschaftlich sind, aber mehr Sicherheit bieten.
  • Es können unter Deck nur 10 Lagen Container gestapelt werden, da sonst die unterste Lage das Gewicht der darüber liegenden Container nicht mehr tragen kann.
  • Das Großschaden-Risiko ist für die Versicherungen sehr hoch, da der Wert eines Schiffes von 8.000 TEU und seiner Ladung für die Kasko- und Warenversicherung rd. 1 Mrd. US-Dollar beträgt - man denke hier nur einmal an Attentate von Terroristen.
  • Die Sicherung der Be- und Entladung und des Zu- und Ablaufs der Container in den Häfen. „Boxen drehen“ heißt das Schlagwort. In Rotterdam kam es zu tagelangen Staus, weil dieses Problem nicht gelöst war. Das wird nach Ansicht eines Schifffahrtsexperten die Größe der Schiffe vermutlich auf 12.500 TEU mit einem Tiefgang von 14,50 m bis 15,00 m begrenzen.
  • Die relativ kleine Zahl der Häfen für Großcontainerschiffe, bei denen keine Fahrwasser- und Tiefgangsprobleme bestehen. Hier muss die für andere Häfen bestimmte Ladung auf kleinere Containerschiffe, die sog. „Feeder“, umgeladen und von ihnen weiterbefördert werden, was zusätzliche Umlade- und Frachtkosten verursacht und sich dann vielleicht nicht mehr rechnet.
  • Die Gusstechnik und Größe sowie das Gewicht des Propellers und seine Transportmöglichkeit zur Werft. Die zugehörigen Propeller müssten nämlich einen Durchmesser von fast 10 m und ein Gewicht von über 100 t aufweisen. Im September 2004 wurde von einem 6-flügeligen Schiffspropeller berichtet, der von der Mecklenburger Metallguss GmbH (MMG) in Waren an der Müritz in einem Stück aus Bronze gegossen und von Hand geschliffen worden war. Er wog 103 t und hatte einen Durchmesser von 8,80 m. Er sollte ein 337 m langes 8.200-TEU-Containerschiff antreiben und am 16.09.- 2004 von Hamburg nach Südkorea verschifft werden.. Die Riesenschraube war der größte Schiffspropeller, den die MMG – einer der fünf weltweit führenden Hersteller von Schiffspropellern – bis dahin hergestellt hatte. 


Beschreibung eines Schiffes

Das heute schon nicht mehr größte Containerschiff der Welt ist die im Oktober 1998 in Hongkong getaufte „Kowloon“ der Reederei P & O Nedlloyd mit dem Heimathafen Rotterdam. Hier liegen aber detaillierte Daten vor.

Abmessungen:

  • Länge 300 Meter
  • Breite 42 m
  • Höhe 60 m
  • Größe 200.000 t
  • Tragkraft 6.690 TEU (maximal), deren Länge hintereinander 43 km betragen würde. Preis des Schiffes 62 Mio US-Dollar


12-Zylinder-Dieselmaschine

  • Leistung 90.000 PS (= 66.070 kW)
  • Länge 23 Meter
  • Höhe 13,5 Meter
  • Gewicht 2.030 Tonnen.
  • Kolben-Gewicht 9 Tonnen
  • Der Motor enthält 60.000 Liter Schmieröl.


Die Schiffsschraube hat einen Durchmesser von 9 m und wiegt 93 Tonnen. Die Maschine verbraucht zu ihrem Antrieb 130 Liter Schweröl pro Minute oder 185.000 Liter pro Tag. Die Treibstoffbunker fassen 12 Mio Liter. Das ermöglicht eine Fahrt von rd. 66 Tagen. Eine Fahrt von Europa nach Japan dauert rd. 21 Tage, wofür 3.885 Mio Liter benötigt werden. Aus Preisgründen wird der gesamte Treibstoff für die Hin- und Rückreise nur in Rotterdam gebunkert. Das sind dann rd. 8 Mio Liter Schweröl, die rd. 1,2 Mio EUR kosten (= 0,146 EUR je Liter).

Das Bunkerboot kann beim Betanken 1 Mio Liter Treibstoff pro Stunde übergeben, d. h. ca. 16.700 Liter je Minute oder 278 Liter pro Sekunde.

5 Generatoren liefern den Strom für das Schiff. Sie leisten 18 MW, womit 350.000 Haushalte versorgt werden könnten.

Die Geschwindigkeit des Schiffes beträgt maximal 26 kn (= 48,15 km/h). Bis zum Halt benötigt es aus voller Fahrt 8 ½ Minuten und mindestens 3 km „Bremsstrecke“. 


Einsatz dieses Schiffes:

Die „Kowloon“ verkehrt zwischen Europa und Ostasien. Auf der Reise, von der hier berichtet wird, lief sie Southhampton, Rotterdam und Hamburg an, und fuhr danach ohne Zwischenstop direkt nach Japan zurück. Die Kosten des Anlaufens eines europäischen Hafens liegen bei EUR 56.250 hinzu kommen die Kosten für die Containerbewegungen, die mit EUR 163.615 für 2.000 Container (= 81,81 EUR/Container) angegeben werden. Auf dieser Fahrt wurden allein in Rotterdam 1.600 Container „ausgetauscht“.


Besatzung:

Die Besatzung besteht aus einer Stamm-Mannschaft von nur 18 Mann, davon 10 Niederländer und 8 Indonesier. Neben dem Kapitän gibt es mehrere Schiffsoffiziere, darunter einen besonderen „Nautischen Offizier“ oder „Steuermann“. Die Offiziere sind in geräumigen Kabinen von je 60 qm untergebracht. Sie sind jeweils 4 Monate auf See und danach für 2 ½ Monate zu Hause. Früher lagen kleinere Schiffe mit 40 Mann Besatzung zum Löschen und Laden tagelang in den Häfen, heute mit ihren 18 Mann nicht länger als 6 – 24 Stunden. Dauert es durch Überlastung des Hafens länger, wandern die Reeder in andere Häfen ab. Die Schiffe fahren heute von Hongkong nach Hamburg nämlich nach einem Fahrplan, der bis auf die Stunde genau ist.

Die Matrosen sind für jeweils 11 Monate an Bord und müssen danach auf eine neue Heuer hoffen. Für die Crew arbeiten ein holländischer Chefkoch und ein indonesischer Koch.

Lebensmittel werden zwei Mal pro Reise in Rotterdam und Japan durch einen sog. Waterclerk angeliefert. Die Vorräte, die für die 3-Wochen-Reise zwischen den beiden Häfen reichen müssen, werden an Bord in speziellen Kühlräumen gelagert.

Es gibt auch eine bordeigene Wäscherei und wegen der Höhe des Schiffes von 13 Stockwerken auch einen Fahrstuhl.

Dr. Klaus G. Röhl


„Sie fährt sich fast so leicht wie ein Auto“,
sagt Kapitän Nicola Benac (Bild)
über die „Colombo Express“,

Foto: Zapf


Seltene Perspektive für Landratten, aber auch für Seeleute nicht alltäglich: Blick auf Schiffsschraube und Ruder des Motortankers MT "HAVELSTERN" der RigelTankreederei im Schwimmdock der Bremerhavener Dock GmbH (BREDO-Werft) nahe der Weser. Bildquelle: GHF-Magazin